Verteidigung der Opfer

Opfer? – 6 Fakten, die man als mutmaßliches Opfer einer Straftat wissen sollte!

Eine moderne Strafverteidigung in Form der Opferverteidigung gehört heute unabdinglich zu einem fairen Verfahren dazu!

Ist die Überschrift eine Provokation? Eine Strafverteidigung auch als Opferverteidigung – geht denn das?

Viele ältere und etabliertere Anwälte sträuben sich vehement gegen die Akzeptanz, als Strafrechtler/in unterschiedliche Rollen einzunehmen. Sie sehen in diesem Rollenwechsel zum Opfer hin eine ganzheitliche rechtspolitische Gefahr für die Glaubwürdigkeit der Verteidigung des Angeklagten. Leider müssen auch diese älteren Kollegen lernen, ihre Position einmal zu verlassen, um einen neuen Blickwinkel auf den Beruf der Strafverteidigung zu bekommen. Aber, was man schon immer so gemacht hat, verändert kein Mensch ohne Weiteres gern.

Die Zeiten ändern sich auch für Anwälte und Anwältinnen!

Der Beruf des Anwalts bzw. der Anwältin hat sich mehr verändert, als viele etablierte Kanzleien wahrhaben wollen und wird sich im digitalen Zeitalter weiter verändern – juristische Arbeit wird anonymer werden und damit kann auch die althergebrachte Eitelkeit der Juristen keinen Bestand mehr haben. Unser Beruf ist eine Dienstleistung geworden und Rechtspolitisches hat Raum in der persönlichen, vor allem ehrenamtlichen, politischen Arbeit neben dem Beruf. Dort kann man seiner Leidenschaft zum Schreiben von Büchern, Kommentaren, Aufsätzen, das Halten von Vorträgen Platz geben.

Die Götter in Schwarz verlieren ihre Federn

modern justitia

Der Beruf der Strafverteidigung hat jedoch Einzug gehalten in das digitale Zeitalter und muss sich dieser neuen industriellen Revolution unterwerfen.

Das hat auch zur Folge, dass sich die Menschen an Strafverfahren mehr und anders beteiligen als vor einigen Jahren. Das gesellschaftliche Bild auf das Strafverfahren als solches hat sich in der Welt von Social Media immens verändert. Wer das nicht wahrnimmt, bleibt stehen!

Dennoch: als Opfer einer Straftat ist man in einem gerichtlichen Verfahren bis zur Verurteilung eines Angeklagten allein ein mutmaßliches Opfer bzw. Verletzte. Erst mit einem rechtskräftigen Urteil wird der/die Verletzte zu einem Opfer!

Oder ist man schon dann Opfer, wenn man als Mensch von einer Straftat beeinträchtigt worden sein könnte? Die EU-Richtlinie 2012/29/EU zu den Mindeststandards der Opfer sagt dazu Folgendes:

„Eine Person sollte unabhängig davon, ob der Täter er­ mittelt, gefasst, verfolgt oder verurteilt wurde und unabhängig davon, ob ein Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Täter und der betroffenen Person besteht, als Opfer betrachtet werden.“

Opfer nach der Definition der EU-Richtlinie

  • eine natürliche Person, die eine körperliche, geistige oder seelische Schädigung oder einen wirtschaftlichen Verlust, der direkte Folge einer Straftat war, erlitten hat;
  • Familienangehörige einer Person, deren Tod eine direkte Folge einer Straftat ist, und die durch den Tod dieser Person eine Schädigung erlitten haben;

Ein Opfer hat bestimmte Rechte, die man kennen sollte:

  • Das neue Opferrechtsreformgesetz 2015 (gemäß EU-Richtlinie 2012/29/EU)
  • Schadenersatz über das Adhäsionsverfahren
  • Nebenklage bei bestimmten Straftaten
  • Akteneinsichtsrecht
  • Zeugenbeistand als Schutz
  • Prozesskostenhilfe für das Strafverfahren

Gibt es mit den neuen Opferrechtsreformgesetz eine Viktimeuphorie?

Die Politik proklamiert: Wir bekämpfen die Kriminalität – zero tolerance, spürbare Strafen, bessere Wiedergutmachung, mehr Polizeipräsenz!

Was sind die Opferinteressen und wer ist Opfer bzw. Nichtopfer?

  • Bestrafung des Täters
  • Hilfe für die Polizei
  • Unterstützung und psychosoziale Prozessbegleitung
  • Vergessen
  • Wiedergutmachung oder Täter-Opfer-Ausgleich
  • Unrechtsfeststellung
  • Anerkennung und Gehörtwerden
  • Schutz und Schonung (Belastungsverringerung durch Videovernehmung)
  • Aktive Mitwirkung im Strafverfahren
  • Opferberichterstattung

Für Opfer gibt es unter anderem beratende Unterstützung durch den Weißen Ring. Die Rechtskanzlei Dr. Kraus hat Opfer in Sexualdelikten vertreten sowie insbesondere Geschädigte homophober (LGBTI) Straftaten in Berlin. Aber auch in Betrugsfällen können auch größere Unternehmen wirtschaftlich Geschädigte und damit Opfer sein. Hier kann eine Vertretung insbesondere durch die Zwangsvollstreckung in beschlagnahmtes Vermögen beim Angeklagten erfolgen. Nun sagen ältere Anwälte – sollen doch andere Anwälte Opfer vertreten, aber bloß keine Strafverteidiger! Ich halte davon nicht viel:

Täterverteidigung und Opferverteidigung – wer die Strafverteidigung gut kennt, kann Opfer besser unterstützen!

Als im Strafrecht spezialisierte Kanzlei kennt man die Strafverteidigungsseite sehr gut und kann einem Geschädigten im Strafverfahren, vor allem während der Hauptverhandlung sehr viel Ruhe geben. Im Gegenzug kann man mit dem Wissen der Opferseite wesentlich besser einen Angeklagten verteidigen.

Durch die Beteiligung des Opfers am Strafverfahren wird mit dazu beitragen, das erlittene Leid zu lindern und besser verarbeiten zu können. Deshalb nutzen Sie die Gelegenheit, Ihre Opferverteidigung in einem ersten Beratungsgespräch zu verbessern und das Strafverfahren zu bewältigen, ja sogar ruhiger zu werden.

Auch Opfer können sich in der Hauptverhandlung verteidigen!

Der Ausbau der Opferrechte hat durchaus in den heutigen Strafverfahren zu einer Beschneidung der Angeklagtenrechte geführt. Das wichtige Prinzip der Unschuldsvermutung wird dadurch angekratzt. Sie sollten niemals vergessen, dass der vorrangige Anspruch des Strafprozesses die öffentliche Aufklärung einer Straftat ist und erst an zweiter Stelle die privaten Belange und oben genannten Bedürfnisse des Opfers kommen.

Doch auf diese Position sollten Sie so gut wie möglich für den Prozess vorbereitet sein.

Verletztenvernehmungen bleiben für die Wahrheitsfindung im Prozess ein wichtiges Beweismittel. Strafverfahren können sehr lang andauernde Prozesse mit den unterschiedlichsten Problemen sein, die Nerven kosten. Ohne jemand Erfahrenen an Ihrer Seite, haben Sie kaum eine Chance, die Abläufe richtig zu verstehen.

Auch können Sie im Verfahren aktiv an einem vorgerichtlichen Täter-Opfer-Ausgleich mitwirken. Wie das geht, können Sie bei uns erfahren.

Auf dem Blog Strafrecht 2.0 finden Sie mehr zum Opferschutz, Adhäsionsverfahren, Nebenklage, Prozesskostenhilfe.

In akuten Gewalt-Situationen gibt es auch für Opfer die Notfall-Handynummer hier.